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Michael Rebmann von Triodos

Börsenhandel war schon immer Kat€‘s Ding. Doch irgendwann kamen ihr Zweifel:

„Wie kann ich sicher sein, dass in den Firmen in meinem Depot keine Kinder gearbeitet oder die Produkte jemanden krank gemacht haben?“

Die Antwort liefert Michael Rebmann, PR Manager bei Europas führender Nachhaltigkeitsbank Triodos. Ihre Vision: Grüne Investments, nachhaltige Geldanlage und eine faire Beratung für ihre Kunden ermöglichen. Kat€ sprach mit ihm über die neue grüne Welle in Deutschland, den Hype um „gute“ Anlageformen und die Lust die Finanzwelt zu verbessern.

Los geht’s!

FD: Reden wir über nachhaltige Geldanlage:  Unternehmerin Sina Trinkwalder klagt in ihrem Buch „Fairarscht“, dass wir Konsumenten mit Siegeln wie „Fairtrade“ gezielt hinters Licht geführt werden. Wie entlarvt man ganz leicht ein echtes nachhaltiges Investment?

MR: Leider gilt auch für Geldanlagen, dass nicht jeder Fonds der sich „grün“ nennt, es auch tatsächlich ist. Deshalb sollte man genau hinschauen und sich ein paar grundlegende Fragen stellen: Wer bietet das Investment an? Welche Unternehmen stecken beispielsweise im Portfolio eines Fonds? So kann es sein, dass ein grüner Fonds seine Mittel zwar nicht in Unternehmen aus der Kohleindustrie investiert, dafür aber in Atomkonzerne.

Für die Finanzbrache gibt es kein einheitliches Siegel, eine ganz gute Orientierung bietet das FNG-Siegel vom Forum Nachhaltige Geldanlagen.

FD: Seit mehr als 800 Jahren ist die Nachfrage nach Feuerwaffen ungebrochen hoch. Ist das ein nachhaltiges Investment?

MR: Das kommt darauf an, was man unter Nachhaltigkeit versteht. Geht es nur um finanzielle Nachhaltigkeit, dann sind Waffen leider immer noch ein gutes Geschäft. Betrachtet man Nachhaltigkeit aber ganzheitlich, so wie wir es tun, ist es ein denkbar schlechtes Geschäft. Eine Investition hat neben der finanziellen auch eine sozial-ökologische Rendite. Im Fall von Feuerwaffen ist die soziale Rendite extrem negativ: Menschen werden verletzt und getötet. Jeder sollte sich die Frage nach der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit stellen, nicht nur wenn er Fonds oder einzelne Aktien kauft. Das gilt auch für das alltägliche Bankgeschäft. Viele Bankkunden wissen nicht, was mit ihrem Geld auf dem Konto finanziert wird.

FD: Das Versprechen der Triodos Bank lautet: wir wollen mit Geld positiven sozialen, ökologischen und kulturellen Wandel bewegen. Einfacher gesagt als getan?

MR: Bei jeder Kreditvergabe an ein Unternehmen prüfen wir zuerst, ob die sozial-ökologische Rendite, der Mehrwert für Mensch und Umwelt, gewährleistet ist. Andernfalls finanzieren wir es nicht.

Natürlich kämpfen wir auch mit Dilemmata. Europaweit finanziert die Triodos Bank zum Beispiel biologische Landwirtschaft. Einmal hat ein konventioneller Landwirtschaftsbetrieb angefragt, ob wir eine Solaranlage auf dem Stall finanzieren können. Das stellte uns vor die Frage: Was wiegt mehr? Einem Unternehmer dabei zu helfen, klimafreundlichen Strom selbst zu produzieren oder indirekt eine Form der Tierhaltung und des Landbaus zu fördern, die wir nicht unterstützen wollen? In diesem Fall haben wir uns dafür entschieden, die Solaranlage nicht zu finanzieren.

FD: Jahrtausende waren Profite das einzige, was zählte. Wieso glaubst du, dass sich das jetzt ausgerechnet ändern wird?

MR: Mit Blick auf die Finanzbranche ändert sich nichts. Profit kommt an erster Stelle und dann lange nichts. Aber: Wenn ich als klassischer Banker oder Investor in Zukunft noch Profit machen will, muss ich zweimal nachdenken, ob sich Investments in umweltschädliche Sektoren wie die Kohleindustrie oder beispielsweise den Bergbausektor überhaupt noch lohnen. Erstens stehen wir kurz vor der Klimakatastrophe: Bricht sie über uns hinein, geht gar nichts mehr. Und zweitens „drohen“ in vielen Ländern neue Gesetze, die klimaschädliche Investments unrentabel machen könnten.

Ein Beispiel: Die großen Versorger wie beispielsweise Eon und RWE wurden durch den Ausstieg der Bundesregierung aus der Atomkraft auf dem falschen Fuß erwischt und haben ihr Kerngeschäft verloren. Jetzt kämpfen sie sich mühsam zurück.  

FD: Wie soll man langfristig mit ökologisch reinem Gewissen finanzielle Renditen einfahren, falls der Hype um kontrollierte Landwirtschaft und atomfreie Energie nur ein aktueller Trend ist?

MR: Klar ist es in manchen Milieus auch schick „öko zu sein“. Vielmehr ist es schlichtweg notwendig umzudenken und ökologisch zu leben. Um beim Beispiel der Landwirtschaft zu bleiben, ein Problem des konventionellen Landbaus wird noch kaum thematisiert – und zwar das der versteckten Kosten. Pflanzengifte im Boden, Antibiotika im Fleisch oder auch der CO2-Ausstoß durch Transportwege rund um den Globus spiegeln sich nicht im Preis der Lebensmittel wieder. Wir oder unsere Kinder müssen diese versteckten Kosten aber künftig zahlen.

Bei biologisch produzierten Lebensmitteln sind die versteckten kosten deutlich geringer. Man liest oft, dass der Anteil der biologisch bewirtschafteten Anbaufläche in Deutschland auf ein „Rekordhoch“ geklettert sei. Das stimmt zwar, trotzdem lag er 2017 bei bescheidenen 7,5 Prozent. 92,5 Prozent der Anbauflächen werden konventionell bewirtschaftet. Ähnlich sieht es auch in anderen „gehypten Ökobereichen“ aus. Es gibt also noch ein unglaublich hohes Finanzierungspotenzial.

FD: Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich? Geht es um alternative Energien oder spielen auch andere Branchen eine Rolle?

MR: Neben ökologischer Nachhaltigkeit, wie der Finanzierung erneuerbarer Energien, liegt unser Fokus auch auf sozialer und kultureller Nachhaltigkeit. Unter sozialer Nachhaltigkeit fällt bei uns etwa die Kreditvergabe an Schulen oder Pflegeheime, deren Menschenbild uns überzeugt, aber auch der Bereich nachhaltige Immobilien. Kürzlich haben wir in Berlin ein großes Wohnhaus finanziert, das die Mieter selbst gekauft und so dem Spekulationsmarkt für Immobilien entziehen konnten. Es garantiert den heutigen und künftigen Mietern mithilfe des Miethäusersyndikats faire Mieten. Auch das ist für uns Nachhaltigkeit.

FD: Welche Investments muss man meiden um bei der ökologischen Geldanlage richtig zu handeln?

MR: Am einfachsten ist es, zu einer nachhaltigen Bank zu wechseln. Vom Konto über Fonds bis zu Sparplänen ist dort einfach alles nachhaltig. Jede Kundin und jeder Kunde können außerdem jederzeit nachverfolgen, wohin ihr Geld fließt, da nachhaltige Banken ihre Kreditnehmer veröffentlichen.

FD: Triodos Bank, UmweltBank, GLS Bank, EthikBank, Alternative Bank Schweiz: Wenn nachhaltiges Anlegen zum Mainstream wird, besteht hier nicht die Gefahr, dass man allerlei Investment-Möglichkeiten durch ein Öko-Siegel verschleiert?

MR: Auch wenn Nachhaltigkeitsbanken prozentuell gesehen vergleichsweise stark wachsen, sind sie noch lange nicht im Mainstream angekommen. Etwas weiter ist der Markt für Fonds. Aber auch hier gilt, dass nachhaltige Fonds noch längst nicht die Regel sind. Deshalb ist eine solche Gefahr momentan in ganz weiter Ferne.

An dieser Stelle möchte sich Finanzdiva bei Michael Rebmann von der Triodos Bank für das Interview bedanken.

Du willst MEHR grüne & faire Fact$?

Bitteschön!

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