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Unbezahlbar

Wer für ein Produkt den regulären Preis bezahlen möchte, wird vom sozialen Umfeld als mental unzurechnungsfähig eingestuft.

In meinem früheren Leben war ich Einkäuferin. Ich habe meinen Job geliebt. Ich durfte in einem wahnwitzigen Rahmen shoppen gehen. Zwar konnte ich nicht immer kaufen, was ich wollte und behalten durfte ich auch nichts davon, aber zumindest war es erlaubt, das Geld anderer Leute auszugeben.


Dienstwägen, Flugkontingente, Büroartikel, Reisekoffer, nichts ging an mir vorbei. Noch viel schöner als Einkäufe zu tätigen war für mich jedoch die Preisverhandlung. Ich bin eine geborene Teppichhändlerin und in diesem Beruf konnte ich mich vollends ausleben. Was ich jedoch niemals aus den Augen verloren habe war, dass ich es immer mit Handelspartnern und nicht mit Handelsgegnern zu tun hatte. Sofern man an einer langfristigen Partnerschaft interessiert ist, muss man seinem Gegenüber die Möglichkeit geben, selbst profitorientiert arbeiten zu können. Im privaten Sektor sehe ich mittlerweile diese Einsicht nirgends mehr.

Die Zeiten der Einzelhandelsläden gingen mit den Kaufhäusern zu Ende. Dort hatte man schließlich den Komfort, alle Produkte in einem Ladengeschäft zu haben. Die Ära der großen Kaufhausketten hingegen wurde mit den Discountern besiegelt. Und diese wiederum werden sukzessive von Online-Shops aus dem Geschäft gedrängt. Ohne Ladenmiete und angestellte Verkäufer kann man den Preis der Produkte konkurrenzlos senken und die deutsche Mentalität fordert letztendlich den billigsten Preis. Wer für ein Produkt oder eine Ware den regulären Preis bezahlen möchte, wird hingegen vom eigenen sozialen Umfeld als mental unzurechnungsfähig eingestuft. Auch wenn es auf den ersten Blick verführerisch klingt, Konsumgüter zum billigst möglichen Preis zu bekommen, treiben Vertriebsmodelle wie Internethandel den alteingesessenen Einzelhandel aus dem Geschäft. Und das kostet grenzüberschreitend deutlich mehr Arbeitsplätze als neue generiert werden.

Wenn alle Kaufhäuser, Discounter und Einzelhändler geschlossen haben und alle hieran angebundenen Verkäufer, Lageristen, Lieferanten, Putz- und Sicherheitsbedienstete entlassen wurden, wer hat dann noch genügend Geld um dauerhaft online zu bestellen?

Und wo können wir die Schuhe und Mobiltelefone dann noch vor Ort an- und ausprobieren, nur um sie dann zu einem billigeren Preis woanders zu kaufen?

MEIN VORSCHLAG!

Vielleicht sollten wir einfach mal darauf verzichten, die maximale Anzahl von Dingen zu konsumieren und hingegen für die notwendigen Einkäufe auch bereit sein, einen angemessenen Preis zu zahlen, sodass auch alle beteiligten Mittelsmänner und deren Angestellte davon leben können?

In diesem Sinne schöne Grüße,

Deine Kat€

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