Now Reading:

Kein Licht am Ende des Tunnels

„Die Absage des Oktoberfestes bedeutet für die Wirte lediglich den Ausfall der Jahresbonuszahlung.Schlimm treffen wird es die Bedienungen, Fahrgeschäftebetreiber, Hoteliers und Zulieferer.“

Corona hat das Jahr 2020 geprägt. Zum Glück haben wir die Pandemie mittlerweile besiegt und können wieder zum Alltag übergehen. Das stimmt zwar leider hinten und vorne nicht und das Thema Corona wird uns bis zu einem erhofften Impfstoff verfolgen, aber so lange können wir nicht mehr warten. Jetzt müssen Menschenleben gegen die Wirtschaft und gegen die individuelle Freiheit abgewogen werden. Trotzdem fühlt es sich wie ein Sieg an. Selbst der Bundespräsident hat gesagt, dass wir alle Leben gerettet hätten. Aber wie in jeder großen Schlacht gab es auch diesmal Verluste. Eines der berühmtesten Opfer ist das Oktoberfest in München. Bis zuletzt haben Wirte und Politiker versucht diese Tradition aufrecht zu erhalten, alleine um der gebeutelten und leidenden Münchner Bevölkerung etwas Trost in dieser traurigen Zeit zu spenden. Und wenn es alleine nach den Wirten gegangen wäre hätten die Einwohner von München auch niemals derart leiden müssen.

Während der Hypo-Vereinsbank Sachse dem BMW-Westfalen gerne erklärt, dass es sich beim Oktoberfest um die 5. Jahreszeit handelt, ist dies einfach nur Blödsinn. Die 5. Jahreszeit in Bayern ist die Starkbierzeit und ich sehe noch jammernde Wirte im Fernsehen, die beteuern, dass man auch diese Party niemals absagen dürfe und da ja nur Münchner zugegen wären, wäre der Starkbieranstich ja auch völlig ungefährlich. Zunächst einmal dürfen wir ehrlich dankbar sein, dass der Profitgier der Wirte Einhalt geboten wurde. Und um hier keinen falschen Eindruck zu erwecken: Bei den bedauernswerten Gastwirten handelt es sich NICHT um kleine Kneipenbetreiber. Diese Menschen sind oder werden Multimillionäre. Die Wiesnzelte werden von den Brauereien an die Pächter der größten Gaststätten in München vergeben. Man verdient sich also eh schon dumm und dämlich und dieses Zubrot ist nur recht und billig.

Und um keinen Neid aufkommen zu lassen: Es handelt sich auch um eine geschlossene Gesellschaft. Wer nicht in der Münchner Großgastronomen-Szene vertreten ist oder zumindest einen Onkel hatte, der mal Pächter vom Löwenbräukeller war, kommt da auch niemals rein. Und die Kombination aus Wirten, der Stadt München und den Brauereien konnte die letzten Jahre den Hals nicht mehr voll genug bekommen. Die Preise schossen ins Unermessliche. Die Security-Gängelei wurde immer größer – die Qualität immer schlechter.  Spontan einen Platz im Zelt ergattern? Unmöglich! Und diese Gaudi wurde nun abgesagt. Die Republik trauert.

Schon gewusst?

Das Oktoberfest war mal ein Erntedank-Fest, wo alte Männer zum Biertrinken und Kartenspielen hingegangen sind. Kein Hipster oder Teenager hätte sich freiwillig in diese Altherrenveranstaltung verirrt. Aber es war zumindest das, was man verkörpern wollte: Bayerische Gemütlichkeit und Grant. Die letzten 20 Jahre hat man aber die Wiesn zu einer Partymeile umgestaltet und versucht auch noch den letzten Cent aus der Cash-Cow-Crowd rauszupressen. Es ist erstaunlich, wie weit Anspruch und Wirklichkeit bei dem Thema Oktoberfest mittlerweile auseinanderklaffen.

Ich habe gewonnen!

Die Absage des Oktoberfestes bedeutet für die Wirte lediglich den Ausfall der Jahresbonuszahlung. Trotzdem wird von deren Seite am lautesten gejammert. Schlimm treffen wird es die Bedienungen, Fahrgeschäftebetreiber, Hoteliers und Zulieferer. Ich hingegen werde die große Gewinnerin der diesjährigen Absage sein. Ein Glas Bier kann ich auch jederzeit zuhause trinken und zumindest sind 2 Wochen lang nicht alle Verkehrswege in München heillos verstopft. Und auch der Anblick von völlig malträtierter und vergewaltigter Trachtenmode in Kombination mit ausgelatschten Turnschuhen, gerne kombiniert mit einem ausgewaschen ACDC-Shirt und einem dummdämlichen Filzhut bleibt mir dieses Jahr erspart.

Alles wird gut!

Was hingegen wie jedes Jahr bleibt, ist die Hoffnung einer Rückkehr zur Normalität. Ein familienfreundliches Fest und kein hemmungsloses Besäufnis. Eine gute Bewirtung und keine hoffnungslose Abzocke. Ein Fest für die Bevölkerung und kein Schaulaufen für B-Prominente. Und wer gerne Tracht trägt und eine schöne hat führt die gerne aus. Der Rest kommt in Jeans und das ist auch ok. In diesem Sinne hoffe ich auf eine bodenständige und friedliche Wiesn 2021.

Kein Bier. 2 Meinungen.

Jetzt red i

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

 

Share This Articles
Input your search keywords and press Enter.