NOstalgie

Fühlst du dich eigentlich alt? Zugegeben! Komische Frage. Aber vielleicht hast du dich das insgeheim schon einmal selbst gefragt. Ab wann gilt man offiziell als alt? Und  gibt es überhaupt ein schlimmeres Attribut mit dem man einen Menschen titulieren könnte? Mit „alt“ assoziieren wir mit unnütz, unflexibel und unproduktiv. Gerade in einer Gesellschaft, die sich gerne als leistungsbezogen sehen mag, auch wenn sie das keinesfalls ist, fängt man schnell an, ältere Menschen auszugrenzen.

Es mag Zeiten gegeben haben in dem ein hohes Alter mit Wissen oder Weisheit assoziiert wurde. In Zeiten des Internets erscheinen derartige Ratgeber aber flächendeckend antiquiert. Dies mag eine Fehlentwicklung sein, soll aber nicht Gegenstand unserer heutigen Überlegung sein. Ist Alter also eine Frage des Datums oder ist man so jung, wie man sich fühlt? Und wenn Alter tatsächlich ein Gefühl ist, ab wann lassen wir zu, dass unser Geist sich alt fühlen darf? Es folgt ein Denk-Anstoß: 

Wenn du dich dabei ertappst, dass du des Öfteren davon überzeugt bist, dass früher alles besser war, läufst du Gefahr, tatsächlich alt zu sein. Mal ehrlich: Früher war nichts besser! Nur ist unser Geist darauf geschult, sich in zeitlichem Abstand zum Geschehen mehr an die positiven, als die negativen Dinge zu erinnern. In der Vergangenheit gab es auch schlechtes Wetter, es gab Verkehrschaos, Zugausfälle und ein gut gebratenes Steak in einem Restaurant war eine echte Seltenheit sowie ein Qualitätskriterium. Überdies war die Kommunikation mittels stationären Telefonen oder Telefonhäuschen eine Katastrophe. 

Außerdem hatte damals noch jeder das gefühlte Recht, andere überall und ohne Grund mit Zigarettenqualm zurauchen zu dürfen. War das alles wirklich besser? Nein! Aber dein Geist war vielleicht offener. Mag sein, dass du damals eher bereit warst zu experimentieren – und begierig darauf, etwas Neues lernen zu dürfen. Darauf etwas Unbekanntes auszuprobieren und Risiken einzugehen. Entwicklungen und Technologien erschienen durchaus spannend, aber keinesfalls angsteinflößend. Und um die Illusionen zu nehmen: Die vorangehende Generation hat mit dem Aufkommen von Fernsehgeräten und Videorecordern den Untergang des Abendlandes und Verdummung der Jugend genauso prophezeit wie dies heute mancher Zeitgenosse aufgrund von sozialen Medien und Smartphones tut.

Das bedeutet sicher nicht, dass man jeden Trend mitmachen sollte. Ich empfehle niemandem sich mich über 80 Lebensjahren zum ersten Mal auf ein Snowboard zu stellen. Nach reiflicher Überlegung und Vergleich kann man durchaus zur Erkenntnis kommen, dass es auch Vorteile hatte liebgewordene Gebrauchsgegenstände sorgsam zu pflegen, zu warten und zu reparieren und nicht bei jedem Problem umgehend eine kostengünstigere Entsorgung und Neuanschaffung in Betracht zu ziehen.

Sich um Dinge, Menschen und Beziehungen zu kümmern ist nicht alt sondern nachhaltig. Angst vor Veränderungen und Erneuerungen zu haben, eingeschliffene Routinen nicht zu verlassen und das Interesse am Leben zu verlieren, das macht alt. Das sind keine Eigenschaften die man zwingend in Jahren bemessen kann. Nicht umsonst sind die erfolgreichsten und vermögendsten Menschen der Welt ihrem Teenager-Alter längst entwachsen.  Sie würden überdies auch in höheren Dekaden noch lange nicht an Rücktritt, Rente und Stillstand denken, während sich manch anderer schon längst in einem Schaukelstuhl mit Heizdecke und Rückenkratzer sieht und auf den monatlichen Eingang der Rente wartet. 

Und? Hast du dich vielleicht gerade selbst dabei ertappt, etwas älter zu sein als dir lieb ist? Die gute Nachricht lautet: Es liegt nur an dir, was du aus deinem Leben machst. Körperliche, geistige oder seelische Behinderungen sind keine Ursache zu altern, sondern nur eine Ausrede. Mein Tipp: Durchbreche die Grenzen deiner persönlichen Komfortzone. Alles, was du brauchst ist Mut und die Lust auf neue Eindrücke. Und wenn man selbst wieder Freude an Veränderungen hat, verlieren Erneuerungen plötzlich auf einmal ihren Schrecken.