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No Respekt den Respektlosen

No Respekt den Respektlosen

Schluss mit Pseudo-Likes

Es gibt Dinge, die sich medial höchstens ein Sommerloch lang halten. Andere Themen wird man hingegen einfach nicht mehr los. Auch nicht, wenn mittlerweile schon alles darüber gesagt wurde und vielleicht auch mehr als gut gewesen wäre. Der BREXIT, die amerikanische Präsidentschaft, das Trauma der SPD, der Diesel-Skandal, E-Scooter, die desaströse Fußball-WM usw. Andere Dinge kommen scheinbar aus dem Nichts und es werden Debatten angeregt, die zwar im Keim richtig und wichtig sind, aber niemals zu einem zufriedenstellenden Ergebnis kommen können. Ein Beispiel: Jeder, der zuletzt mal seinen Social-Media-Account durchgesehen hat wird von einem Trend übermannt. „Dankbarkeit!“. Die größten Like-Hascher sind „dankbar!“ Dankbar für die Feuerwehr, dankbar für Pflegekräfte, dankbar für den „lecker Burger“, dankbar für das iPhone, dankbar für das Wetter. Dankbarkeit scheint ein existenzielles Bedürfnis zu sein, um nicht in den Verdacht zu kommen gesellschaftlich keinen Respekt zu zollen. Woher kommt das Bedürfnis mancher Menschen Respekt bekommen zu wollen? Und wer ist am begierigsten Darauf medial „Dankbarkeit“ auszudrücken?

Wann wurde das letzte Mal öffentlich irgendwelchen Fußballspielern, Bankern, Politikern oder Despoten irgendein Respekt oder Dankbarkeit zugesprochen? Immerhin interessieren sie uns weit mehr als irgendeine Rettungsdienstbesatzung – es sei denn sie behandelt uns gerade selbst… Die Frage ist einfach beantwortet: Sie bekommen so viel Geld und materielle Zuwendungen, dass man Ihnen nicht mehr explizit dankbar sein muss. Im Gegenzug bedeutet das aber auch, dass wir unterbewusst wissen oder vermuten, dass die Menschen denen wir „dankbar“ sind zu wenig Geld bekommen für ihre Arbeit.

Die Idealisten halten natürlich dagegen: Manche Sachen kann man mit Geld einfach nicht bezahlen. Im Gegenzug ist es aber meistens Geld, das dem Niedriglohnsektor am Ende des Monats fehlt. Das Problem ist lediglich, dass mehr Kohle nicht dauerhaft glücklich macht. Wenn ich meine Arbeit gerne tue, steht das Gehalt vielleicht weniger im Vordergrund. Wenn ich sie nur widerwillig ertragen kann, freut es mich, wenn ich einmalig 500€ mehr bekomme. Das ändert die Einstellung zur Arbeit aber nicht nachhaltig. Und spätestens in ein paar Monaten ist die Arbeit wieder genauso unausstehlich, selbst wenn die 500€ zu einer dauerhaften Gehaltserhöhung wurden.

Fakt ist: Von reiner „Dankbarkeit“ anderer Menschen kann man sich nichts kaufen. Glück sollte also nicht stetig von anderen Menschen an einen selbst herangetragen werden. Wer nicht mit sich selbst im Reinen ist kann nicht erwarten dauerhaft von anderen Menschen „glücklich“ gemacht zu werden. Ebenso verhält es sich mit Menschen die mehr „Respekt“ einfordern und anderen, die nur „Dankbarkeit“ geben wollen. Die ersten müssen mehr darauf schauen, ob ihnen ihre Arbeit tatsächlich noch Spaß macht und ggf. auch den Schritt wagen sich eine neue Tätigkeit zu suchen. Die zweite Gruppe muss irgendwann einmal anfangen mehr als nur leere Worte geben zu wollen. 

Kurz: Sei dem Taxifahrer nicht nur dankbar, sondern gib ihm etwas Trinkgeld. Zweitens: Geiz ist ungeil. Sei dem Elektronikmarkt nicht nur dankbar für das kostenlose Ausprobieren der Ware. Kaufe dort auch mal etwas OFFLINE. Das schont die Umwelt und die Nerven deines Postboten und rettet Arbeitsplätze . Was noch Mangelware hierzulande ist? Weniger Egoismus, faire Löhne und ausreichende soziale Absicherung! Das würde aber die Dankbarkeit der Respektlosen voraussetzen. Stattdessen wird man aus gegebenem Anlass bald einen „Dankbarkeits-Like“ an die deutsche Bundesregierung sehen, dass es weiterhin erlaubt ist, riesige Erbmassen in Stiftungsvermögen umzuwandeln, um damit die Allgemeinheit um Steuereinnahmen zu bringen.

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