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Kat€ über Smalltalk

Warum sehen wir es als Makel an, nicht als Weltmeister des Smalltalks bezeichnet zu werden?

Man kann über deutsche Staatsbürger viele Vorurteile haben. Manche von ihnen mögen positiv, manche negativ besetzt sein. Es gibt aber auch sicher Vorurteile, die kaum jemand für ein typisch deutsches Verhalten ansieht. Für stilsichere Auswahl der eigenen Kleidung sowohl im Büro, als auch im Urlaub und der Freizeit ist unser Völkchen nun einfach mal nicht berühmt. Kinderfreundlichkeit, Gelassenheit und Rücksicht im Straßenverkehr sowie Charme und Charisma werden uns auch nicht zwingend überall nachgesagt. Aber was soll’s und wer braucht das schon? Zumindest liegen unsere Fußballspieler nicht schon ab der 78. Minute heulend und schreiend auf dem Platz rum, wenn sie im Finale der Fußballweltmeisterschaft 1:0 führen.

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Es gibt aber auch Dinge, für die man hierzulande vielleicht zu Unrecht zu wenig internationale Aufmerksamkeit bekommt. Im Rahmen der allgemeinen Langeweile, Sinnlosigkeit und der Entfremdung von existenziellen Nöten gingen uns scheinbar irgendwann die Gesprächsthemen aus. Eine findige amerikanische Geschäftsfrau (es kann nicht anders sein*) muss dann wohl einst irgendwo den Smalltalk erfunden haben. (Ein Mann wäre nie auf die Idee gekommen, derart viele Worte für nichts zu verschwenden.) Anstatt von Dingen, die uns irgendwie interessieren könnten, wie Geld, Krieg oder Sex, dürfen wir nun Seminare belegen, was auf einer Party der geeignete Gesprächsstoff wäre, um gebildet und eloquent zu wirken und bloß niemandem in irgendeiner Weise vor das Schienbein zu treten.

Vorsicht! Absolutes No-Go

Politik, Krankheiten, Kapitalismus, Religion, berufliche Errungenschaften oder das phänomenale Abschneiden von Borussia Dortmund in der aktuellen Bundesliga-Saison sollten am besten vermieden werden. Man weiß schließlich nie, welche Ansichten sein Gegenüber bezüglich des eigenen Standpunktes haben könnte. Stattdessen reden wir über das Wetter, Essen, Inneneinrichtungen, Urlaubswünsche und sonstige Nichtigkeiten. Mal im Ernst, wen zur Hölle interessiert das? Und warum genau sehen wir es als Makel an, nicht als Weltmeister des Smalltalks bezeichnet zu werden? Es mag sein, dass man es mit einer hervorragenden Technik auf diesem Gebiet schafft, niemals vorzeitig von einer Party vertrieben zu werden. Persönlich reichte mir aber stets ein nichtssagendes Gespräch. Und ich hatte nie das Bedürfnis, mir bei einem Kaffee am Folgetag noch weitere Einblicke in die Bedeutungslosigkeit erläutern zu lassen.

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Blicken wir nach München und Umland. In so manchem bayerischen Restaurant hat man es da schon viel einfacher. Man kann der Bedienung durch einen Fingerzeig andeuten, was man essen und trinken möchte, bekommt die Speisen einwandfrei serviert und mit dem letzten Schluck wahlweise die Rechnung oder ein neues Getränk. Die Tatsache, dass die Bedienung am Ende das Trinkgeld nimmt und man ohne größere Beschimpfungen das Lokal verlassen darf, bedeutet letztendlich, dass sie einen wirklich mag oder zumindest mal respektiert und das ist es doch, auf was es wirklich ankommt. Meiner Meinung nach ist das die echte und reinste Form des Small-Talks. Vielleicht sind wir gerade weil wir öfter mal die Klappe halten, insgeheim die wahren Meister der nichtssagenden Kommunikation.

Diese Kolumne erschien im Materialist Magazin #7 2/2018

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