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Björn Heissenberger „Geiz ist ungeil“

„Mein Tipp? Kaufe Firmen, die keiner will. Und laufe keinem Trend hinterher.“ 

©Björn Heissenberger. Anna&Alfred Fotografie

Björn Heissenbergers Geschäft ist Geld. Viel Geld. Der Finanzanalyst ist Inhaber der Heissenberger Vermögensverwaltung AG mit Sitz in Zürich. Kat€ sprach mit dem sympathischen Portfolio Manager über die Gefahren der automatisierten Geldanlage und die unheimliche Macht von ETFs.

fd: Björn, du sagst ETFs sind weder gut noch günstig…

Björn Heissenberger (B): (lacht) ETFs, also Exchange Traded Funds, sind die günstigste Variante, um jede Menge teure Aktien zu kaufen.

Haftungsausschluss & Disclaimer: Finanzdiva UG und Katja Eckardt hält keine der auf finanzdiva.de vorgestellten Aktien, Fonds, ETFs.Die Inhalte auf finanzdiva.de wollen keine spezifischen Anlage-Empfehlungen geben und enthalten lediglich allgemeine Hinweise. Autoren, Herausgeber und die zitierten Quellen haften nicht für etwaige Verluste, die aufgrund der Umsetzung ihrer Gedanken und Ideen entstehen.  

fd: Ein Beispiel muss her! Wie wäre es mit dem Deutschen Aktienindex…

B: Aktienindizes wie beispielsweise der Dax, funktionieren im Grunde genommen ähnlich wie ein Fonds. Der Unterschied:  Sie werden nach lediglich einem quantitativen Kriterium gemanagt.

fd: Wo DAX drauf steht ist auch DAX drin! Aber was entscheidet, wer rein darf?

B: Die Größe. Der Dax wählt aus allen verfügbaren deutschen Aktien die aus, die den höchsten Marktwert besitzen – unabhängig von allen anderen Bewertungsmaßstäben.

fd: Ist das nicht ein guter & günstiger Weg für eine Firmenbeteiligung?

B: Stell dir vor, du wärst ein Unternehmer und möchtest eine neue Firma kaufen. Würdest du die größten am Markt verfügbaren Unternehmen kaufen,  ohne auf den Kaufpreis, die Gewinne oder auf andere Dinge zu achten?

fd: Nein…

B:  Du würdest sicher auf die Gegenleistung deiner Beteiligung achten, wie z.B. die Höhe des jährlichen Gewinns.

fd: Was wäre denn ein richtig guter Deal?

B: Ein Unternehmen für 10 Mio. Euro zu kaufen, wenn der erwirtschaftete jährliche Gewinn bei 1 Mio. Euro liegt.

fd: Und dieser Gewinn Jahr für Jahr ansteigt…

B: Richtig! Dein gekauftes Unternehmen hätte somit eine saftige Gewinnrendite. Ganze 10 Prozent. An der Börse spricht man dann von einem 10er Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Angenommen die Firma würde in Zukunft weder wachsen noch schrumpfen, so beträgt die jährliche Rendite für den Investor 10 Prozent.

„Du brauchst eine gehörige Portion Mut, um gegen den Strom zu schwimmen.“ 

fd: Und woraus besteht nun der DAX?

B: Knapp 20% machen bereits zwei seiner beiden größten Unternehmen aus: SAP und Siemens.

fd: Verrückt! 

B: Genau! Wenn du dir ein DAX ETF kaufst, der den Index 1:1 abbildet, hast du 20% deines Geldes in diese beiden Titel investiert.

fd: Na herzlichen Glückwunsch…Sind das nicht die beiden besten Titel, die die höchsten Gewinne versprechen?

B: SAP liefert seinen Aktionären auf dem derzeitigen Kursniveau eine Gewinnrendite in Höhe von 4,18 Prozent. Anders ausgedrückt: Das KGV liegt bei 23,9.

fd: Und bedeutet?

fd: Würde sich der Gewinn von SAP in Zukunft nicht verändern, so würde der Investor 23,9 Jahre benötigen, um seinen bezahlten Kaufpreis durch Gewinne des Unternehmens zurück erhalten.

“The risks related to the rapid growth of index funds represent one of the biggest challenges facing markets today.” – Paul Singer, Elliott Management

fd: Zurück zu Siemens…

B: Hier liegt die aktuelle Gewinnrendite bei 6,99 Prozent. Im Vergleich ist das zwar besser als bei SAP. Aber noch lange nicht attraktiv.

fd: Was würde ein rationaler Investor anders machen?

B: Er achtet auf die inneren Werte einer Firma und NICHT NUR die Größe. Ein guter Investor ist nicht oberflächlich. Bei der Auswahl eines Unternehmens konzentriert er sich auf geeignete Maßstäbe.

fd: Klingt sympathisch und vernünftig!

B: Ein profitorientierter Investor würde für den bezahlten Kaufpreis eine möglichst hohe Gewinnrendite erwarten.

fd: Wer ist denn der aktuelle Überflieger im DAX bezogen auf die Rendite? 

B: Die Deutsche Lufthansa mit einer Gewinnrendite von 22 Prozent. Aber freu dich nicht zu früh. Denn: Die Firma macht nur die kleinste Position im DAX aus. Kurzum: ein DAX-ETF-Käufer erhält von dieser Position mit 1,07 Prozent nur den kleinsten Anteil.

fd: Und was wäre ein weiterer DAX-Highflyer?

B: Covestro. Die Aktie hat in letzter Zeit stark an Wert verloren. Sie bietet auf derzeitigem Kursniveau eine Gewinnrendite von knapp 24 Prozent. Mit einem DAX-ETF bekommst du allerdings nur ein Prozent von Covestro.

fd: Wie sollte ein Aktienanleger vorgehen?

B: Nicht anders als beim Kauf eines Unternehmens, dass nicht an der Börse notiert ist. Denn ob ich mir als Anleger ein Unternehmen ganz kaufe, oder nur zum Teil über Aktien, spielt langfristig keine Rolle. Warren Buffett hat einst hierzu gesagt:

„Wieso sollte ich für den Kauf eines Teils eines Unternehmens, mittels Aktien, andere Maßstäbe ansetzen (…). Aktien sind schließlich Beteiligungen an echten Unternehmen.“

B: Vor dem Kauf eines Indexproduktes, wie z.B. ETF solltest du das wissen: Innerhalb des Index haben immer die Positionen das höchste Gewicht, die in letzter Zeit besonders gut gelaufen sind.

fd: Klingt nach explosiver Mischung.

B: Genau wie damals. Als die Banken vor der Finanzkrise auf ihrem Höhepunkt angelangt waren, hatten auch sie ein hohes Gewicht in ihren Indizes. Blicken wir zurück auf die New Economy-Bubble: Vor dem Platzen der Internetblase waren es Internettitel. Auch damals gab es dafür schon eigene Indizes.

fd: Und wer sind die heutigen teuren und übergewichtigen Börsen-Favoriten der Indizes?

B: Titel wie Amazon & Co., die sehr hoch bewertet sind. Sie haben zugleich ein hohes Gewicht im entsprechenden Index.

fd: Liegt es an den Anleger-Lieblingen, dass die Bewertungen innerhalb der Indizes und ETF´s ins Wanken geraten?

B: Genau, auch aktiv gemanagte Fonds orientieren sich an Vergleichsindizes, wie beispielsweise dem DAX. Wenn ein aktiver Fondsmanager also Lufthansa übergewichten möchte, so würde dieser der Lufthansa anstatt das gleiche Gewicht wie im Index, ein Gewicht in Höhe von ca. 1,5%, anstatt 1,07% geben.

fd: Klingt wie ein Schildbürgerstreich…

B: Eine schlechte Performance kann den Fondsmanager seinen Job kosten. Aus diesem Grunde wagen auch aktive Fondsmanager in der Regel keine größeren Abweichungen vom Index. Denn: Jeden Monat wird die Performance gemessen. Übrigens wählen aktive Fondsmanager die Abweichungen aufgrund von Prognosen ihrer Analysten.

fd: Sicher gibt’s auch hier irgendeinen Haken?

B: Prognosen sind jedoch bereits in den Kursen eingepreist und von so großer Unsicherheit, dass diese am Finanzmarkt nicht funktionieren.

fd: Lass also einfach die Prognosen beiseite, orientiere dich nicht an einer Benchmark und wähle Aktien rein aufgrund vorhandener und vergangener Fakten aus?

B: Dieses Vorgehen hat Warren Buffett hervorragende Ergebnisse geliefert. Fast alle erfolgreichen Investoren haben eines gemeinsam: Sie investieren in Unternehmen und sehen ihre Investitionen auch als Unternehmensbeteiligungen an.

fd: Was wäre ein tragischer Fehler, den die meisten immer und immer wieder begehen?

B: In täglich schwankende Wertpapiere zu investieren. Viele Leute glauben, der Kurs könnte sich gut entwickeln, ohne vorher die Bilanz genau geprüft zu haben. Das funktioniert aber nicht und ist nicht mehr als ein Glückspiel.

fd: Aber aus Fehlern wird man klug…

B: Profitiere von den Fehlern anderer! Kaufe gute Unternehmen, die sich durch hervorragende Bilanzkennzahlen ausweisen. Am besten dann wenn diese zu günstigen Kursen gekauft werden können (aufgrund schwächerer Prognosen oder aufgrund des Herdentriebs vieler Anleger).

fd: Dein Tipp für Rendite-Junkies?

B: Orientiere dich an Kurs-Gewinn-Verhältnissen, Margen, Kapitalrenditen, Eigenkapitalquoten, etc. Kaufe Firmen, die keiner haben will. Laufe keinem Trend hinterher.

fd: Das klingt ja einfach!

B: Es ist so einfach wie es klingt und gleichzeitig so schwer, wie man nie vermuten würde. Du brauchst eine gehörige Portion Mut, um gegen den Strom zu schwimmen, sowie jede Menge Disziplin, um Deine Aktienauswahl-Methode auch in Schwächephasen durchhalten zu können. Überlege dir also gut, ob du dazu bereit bist.

fd: Vielen Dank für das Interview!

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