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Schubladendenken à la Kat€

Ich möchte meine Bewunderung für Menschen aussprechen, die entgegen des gesellschaftlichen Mainstreams und des allgemeinen Geschmacksempfindens ihrer Passion treu bleiben.

Vorurteile und Stereotype sind weit verbreitet. Sicher ist das für unser gesellschaftliches Zusammenleben in Gruppen von einem nicht zu unterschätzenden Wert. Wer zu einer Gruppe oder Gemeinschaft gehört und wer nicht, wer einem freundlich und wer feindlich gestimmt sein könnte, war und ist für den antiken Neandertaler sowie für den modernen Höhlenmenschen von  heute von existenzieller Bedeutung. Verwunderlich ist auch wie man Dinge, Eigenschaften oder Interessen unterschiedlichen Wertungen zuordnet. Wenn ein kleines Kind fließend englisch, französisch und deutsch spricht, gilt es landläufig als hochbegabt. Spricht ein Kind im gleichen Alter jedoch deutsch, türkisch und kroatisch, ist man schon versucht, das Jugendamt einzuschalten. Wenn ein Mensch außerordentlich gut Klavier spielt, sehen wir vor unserem inneren Auge eine ausverkaufte Royal Albert Hall vor uns. Sollte aber irgendwann einmal der begnadetste Dudelsackspieler der Welt in unserer Nachbarschaft einziehen, hoffen wir schleunigst auf die Räumungsklage.

Fußballer und Tennisspieler hingegen gelten landläufig als begnadete Unternehmer mit einem sagenumwobenen Talent für Ehescheidungsprozesse und Privatinsolvenzen.

Kommen wir zum Sport: Auch hier assoziieren wir anhand der betriebenen Sportart geistige oder soziale Kompetenzen in Menschen, die ihnen vielleicht zu Unrecht zugeschrieben werden. Bei einer Degenfechterin, einem Ausnahme-Ruderer oder einer Leistungsschwimmerin ist ein Studium an einer bekannten angelsächsischen Universität quasi schon einkalkuliert. Fußballer und Tennisspieler hingegen gelten landläufig als begnadete Unternehmer mit einem sagenumwobenen Talent für Ehescheidungsprozesse und Privatinsolvenzen. Bodybuilder hingegen sind eindeutig stupide, talentfreie und völlig hirnlose Wesen. Und überdies sind eh alle gedopt. Letzteres mag durchaus der Wahrheit entsprechen, wer jedoch ernsthaft an sauberen Profisport glaubt, den muss ich hiermit leider enttäuschen.

Und übrigens, um es kurz und schmerzlos zu machen: Das Christkind, den Osterhasen, die Zahnfee und der Weihnachtsmann existieren auch nicht. Was man aber retrospektiv sagen kann ist, dass all die Helden meiner Jugend immer noch da sind, und keiner einen derart famosen Absturz hingelegt hat, wie einige Betreiber der vermeintlich  hochgeschätzten Sportarten. Sylvester Stallone, Arnold Schwarzenegger, Jason Statham, Dolph Lundgren, Chuck Norris, Jean-Claude Van Damme, um nur einige zu nennen. Sicher gab es da auch das ein oder andere uneheliche Kind, manche Scheidung, Restaurantketten, die sowohl im wirtschaftlichen Auf- wie auch Abstieg ihres Gleichen suchen, aber so richtig Schiffbruch hat keiner dieser vermeintlich hirnlosen Hollywood-Bodybuilder erlitten.
Es ist mir durchaus klar, dass ich hier Äpfel mit Birnen vergleiche. Profisportler mit auftrainierten Filmemachern gleichzusetzen ist sicher nicht lupenrein. Trotzdem wurde all diesen Leuten geistige Inkompetenz aufgrund der Muskelmassen und schauspielerische Talentfreiheit aus Prinzip attestiert.


Manches mag subjektiv stimmen, objektiv betrachtet haben es aber all diese Menschen weit gebracht.
Es liegt mir fern, jetzt all meine Leserschaft zum Gewichtheben zu motivieren. Ich möchte nur meine Bewunderung für Menschen aussprechen, die entgegen des gesellschaftlichen Mainstreams und des allgemeinen Geschmacksempfindens ihrer Passion treu bleiben. Wer weiß – vielleicht kommt ja wieder mal ein Ort und eine Zeit, in der sich auch ausgefallene Talente bezahlt machen können. Und falls alle Stricke reißen, kann man sicher immer noch im Rahmen seiner Sportart unentgeltlich (selbstverständlich abzüglich üppiger Spesen) für einen nationalen oder internationalen Sportverband tätig sein – zumindest mal solange bis das Insolvenzverfahren durch ist…

Mit sportlichen Grüßen,

Deine Kat€

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